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Audio Note CD Extrem

Ich bin dann mal weg! (Hin und weg!)

Drei Fragen, die Sie mit „nein“ beantworten sollten: Muss Teures unbedingt teuer ausschauen? Muss die Form unbedingt der Funktion folgen? Und sollte man zum Hören Abendgarderobe anlegen?

Audio Note CD Extrem
Eleganten Zwirn und Chronometer wollten wir tragen, teures Rasierwasser auflegen und die Maßschuhe gleich zweimal putzen. Soll nur ja keiner sagen können, die Herren Gawlick und Brockmann wüssten sich nicht anständig zu benehmen. Der Anlass erschien uns feierlich genug: Wir sollten eine Musikmaschine aus dem Hause Audio Note erleben dürfen, für deren Gegenwert es selbst in München schon eine annehmliche Stadtwohnung gibt, anderswo gar ein ordentliches Haus. Oder auch zwei.

Audio Note CD Extrem               Audio Note CD Extrem

Diese Musikmaschine ist, na ja: ein CD-Player. Zugegeben, es handelt sich hierbei um eine Digitalkombination der Superduperobendrüber- Liga. Aber dennoch, mehr als CDs wiedergeben kann dieses Luxusgeschöpf nicht.
Ein CD-Player also. Von Audio Note auf vier schwarze Kisten großzügig verteilt. Und noch ein bisschen großzügiger bepreist: Das Quartett kostet zweihundertvierzigtausend Euro …

Locker bleiben

Sobald Sie sich von Ihrem Hustenanfall erholt haben, könnten wir auch schon direkt zur Musik kommen. Denn genau das, diese schier unglaublich musikalische Performance, ist die eigentliche Sensation der Maschinen – und nicht die irritierend vielen Nullen auf dem virtuellen Preisschild, erst recht nicht der zaghafte Erklärungsversuch, eigentlich sei alles bis auf den letzten Cent exakt berechnet. Nein, nein, Freunde, dieser Preis ist selbstverständlich gerundet, und nicht nur kaufmännisch. Er besitzt auch einen ganz klaren Symbolcharakter. Sollten Sie also – nach der Preisfrage wieder bei Bewusstsein – noch einmal vorsichtig nachhaken, ob da nicht vielleicht doch die eine oder andere Null zu viel …, dann zählen Sie automatisch schon nicht mehr zur Elite ernsthafter Interessenten, sondern zu den 99,99 Prozent, die sich dieses Quartett niemals leisten können (werden). Wie die Herren Gawlick und Brockmann etwa.

               

Vielleicht aber wollen Sie sich dieses exklusive Vergnügen auch gar nicht leisten, obwohl Sie könnten. Das ist durchaus verständlich. Denn die Audio- Note-Komponenten taugen mit ihrer unspektakulären Optik nicht zum Angeben im Golfclub. Ein eigenes Sinfonieorchester würde definitiv mehr Eindruck schinden.

Neue Kleiderordnung

Damit zurück zum feinen Zwirn und den Maßschuhen, die wir uns zurechtgelegt hatten. Alexander Voigt vom deutschen Audio-Note-Vertrieb, der unseren Besuch bei einem solventen Kunden (der anonym bleiben möchte) arrangierte, gab gerade noch rechtzeitig Entwarnung: Unser Gastgeber sei in puncto Outfit und Ambiente locker drauf. Überhaupt sei das Wichtigste das Musikhören, der Musikgenuss, das Musikerlebnis. Man müsse keineswegs so tun, als sei man auf direktem Weg zur Premiere im Festspielhaus. Jeans und T-Shirt seien zum intensiven Musikhören zu Hause vollkommen in Ordnung. An einem Morgen im August lenken wir, in Freizeitkleidung, unser unscheinbares Auto in eine unscheinbare Region Deutschlands, mitten in eine unscheinbare Siedlung zu einem unscheinbaren Haus und treffen dort auf einen unscheinbaren, aber beinharten Audio-Note-Fan.

Audio Note CD Extrem                   

Großes AN-Panorama

Im Hörraum, ausgestattet mit wenigen schlichten Möbeln, aber auffällig vielen Audio-Note-Komponenten, tut sich zwischen den Lautsprechern ein vielfältiges Geräte-Panorama auf. Hier wird auch in zweiter Reihe geparkt und bedient; hier wohnt, hört und lebt ein wahrer Enthusiast.

               

Unser Gastgeber bedauert, dass sein großes Analoglaufwerk TT Three derzeit nicht aufgebaut ist, sondern nur der Zweitspieler. Darüber bin ich schon fast froh. Vor ein paar Jahren hatte ich das ausgesprochene Vergnügen, den monumentalen Plattenspieler TT Three in Vollausstattung für ein paar Wochen bei mir zu Hause zu haben. Und ich weiß ganz genau, was dieser Analogtraum mit Zeit und Raum macht: Er frisst sie zum Frühstück und verwandelt sie in Musik! Das wollen wir hier und heute zwar auch erleben, allerdings auf digitaler Ebene, ganz ohne vinylistische Ablenkungen.

                    

Für Musik sorgt heute das ultimative Digitalquartett von Audio Note, das ich Ihnen (endlich!) vorstellen möchte: 1.) CDT Six: Der CD-Transporter dreht die ihm anvertraute Scheibe und liest aus, was überhaupt auszulesen geht. Er sieht völlig harmlos aus, wiegt aber dank Kupferplatten-Gehäuse und massivem, schwingend entkoppeltem Antrieb fast 40 Kilo. 2.) CDT Six Force: Das externe Netzteil bedient den CDT Six mit sauberstem Strom aus drei völlig getrennten, mit Röhren bestückten Spannungsversorgungen. 3.) The Fifth Element: In Audio Notes bestem D/A-Wandler regiert „Direct-from-disc“-Technik ohne Oversampling und Digitalfilter, aber mit diskreten Analogfiltern sowie Reinsilber-Ausgangsübertragern. 4.) The Fifth Force: Auch das röhrengeregelte separate Netzteil für das „fünfte Element“ ist vollgepackt mit Edelbauteilen, wie alles hier.

               

Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, dass auch der „Rest“ des Systems (von der Vorstufe bis zur Verkabelung) von Audio Note stammt und preislich die Summe des Digitalquartetts in etwa ausbalanciert. Stellflächen, Phonomöbel und Stative hingegen kosten praktisch nichts. Sie tun ihren Teil dazu, jeden Anflug von offensivem Luxus schlicht zu negieren. Stefan Gawlick und mir wird es vermutlich leichtfallen, Musik mit geschlossenen Augen zu hören.

Bitte anschnallen!

Wie leicht es uns bereits mit dem ersten Titel fällt, beim Musikhören nicht nur die Augen zu schließen, sondern alles um uns herum sofort zu vergessen – das ist schlicht verblüffend! Dieses System klingt, trotz keineswegs perfekter Raumakustik, sagenhaft eindringlich und intensiv, die alles überragende Qualität der digitalen Quelle ist unmittelbar spürbar, wirkt unwiderstehlich und mitreißend.
Im CDT Six rotiert Paul Simons Graceland, und Bassist Bakiti Kumalo wirft seine elegant federnden, hochmelodiösen Basslicks so locker in den Raum, dass wir nur staunen und mitgrooven können. Was, bitte, hat das noch mit HiFi zu tun? – Da ist Musik, und nur Musik. Keine Technik.

               

Als die CD zu Ende ist – und keine Sekunde früher – fallen wir uns gegenseitig kurz ins Wort und sind uns einig: Die grundsätzlich leicht vorlaute Präsenz dieser Aufnahme spielt in diesem Umfeld nicht die geringste Rolle. Sie ist, vor allem bei Sibilanten, hier natürlich auch feststellbar. Doch während selbst sehr gute CD-Player damit gern ins Nervig-Kühle abdriften, trennt Audio Notes Übermaschine Musik und Produktionstechnik derart traumwandlerisch, stellt das musikalisch Gewollte und das aufnahmetechnisch Geleistete so komplett voneinander unabhängig dar, dass wir nie überlegen müssen, was davon Musik ist und was nicht. Wir hören durch alle technischen Vorhänge einfach hindurch, genießen die geradezu aufreizend lässige Performance und entdecken die Musik vollkommen entspannt – bisweilen sogar völlig neu!
Diese nicht-technische Präsentation versüßt den Musikgenuss ja ganz grundsätzlich. Sie führt nicht nur an die Musik heran, sondern mitten hinein – eine wunderbare Fähigkeit, die zuvor verschlossene Türen zu neuen Genres und Stilrichtungen öffnet, den musikalischen Horizont erweitert und auch bestens bekannte CDs in neuem Licht erstrahlen lässt. Eine solch konsequente Fokussierung einer Anlage auf Musik jenseits von HiFi habe ich zuvor vielleicht vier, fünf Mal erlebt, davon aber gleich zweimal mit AN-Systemen – und in dieser sagenhaften Intensität auch nur mit besagtem TT Three in vollem Ornat. Solche Erlebnisse vergesse ich nicht. Die bleiben.

Musik intravenös

Von Graceland nun zu Grace, Jeff Buckleys Studioalbum von 1994. Sein „Hallelujah“ erzeugt schon in den ersten paar Sekunden des sanften, aber dynamischen Intros der Sologitarre eine dauerhafte Gänsehaut, und nach ein paar Minuten wische ich mir verstohlen ein paar Tränchen aus den Augenwinkeln. Humorvolles Vergnügen dann mit Thomas Dolbys The Flat Earth. Der ausgetüftelte Sample-Pop flutet elektrisierend und trotz jeder Menge Studio-Gimmicks völlig selbstverständlich den Raum – fun-tastisch!

               

Nun legt Kollege Gawlick ein paar mitgebrachte musikalische Perlen in das souverän schwingende Laufwerk des CDT Six. Und schon verschafft uns Christian Thielemanns Götterdämmerung (Opus Arte) tiefe Einblicke ins Bayreuther Festspielhaus, stellt das dramatische Geschehen trotz schwieriger Akustik (gedeckelter Orchestergraben) perfekt dar; endlos lange Melodiebögen halten mühelos ihre Spannung aufrecht … pure Magie!
Ich will, nein: kann gar nicht genauer auf alle Tracks eingehen, die im Laufe dieses (glücklicherweise) nicht enden wollenden Tages durch uns hindurchfließen. Nur so viel: Ich notiere ausnahmslos alle Titel, die ich noch nicht kenne, auf meinem Notizblock – für mich ein untrügliches Zeichen, dass hier etwas musikalisch Wertvolles passiert. Etwas, das meine Seele unmittelbar berührt; ich kann es einfach nicht anders erklären.

                    

Natürlich weiß ich, dass ein Elektroingenieur mit dieser Aussage nichts anfangen kann. In England, bei Audio Note, wird man mich jedoch verstehen. Meine Begeisterung ist nichts weniger als die Bestätigung, dass der Versuch von AN-Chef Peter Qvortrup und ANEntwickler Andy Grove gelungen ist, dem ach-so-langweiligen, achso- uncoolen CD-Format alles, einfach alles abzuringen – jenseits des technischen Red-Book-Standards. Koste es, was es wolle (sic!). O-Ton des Deutschland-Distributors Alexander Voigt: „Mit dieser Kombination wollte Audio Note das Thema CD abschließend ausleuchten.“ Und er fügt noch hinzu: „Das ist Musik intravenös!“ – Besser kann ich es auch nicht ausdrücken!
Wer sich also Musik von der guten alten CD über solch eine Anlage intravenös zuführen möchte, sollte sich der starken Suchtgefahr bewusst sein – intensiver habe ich dieses angeblich schon leicht angestaubte, tatsächlich aber quicklebendige Format bisher nicht erlebt. Selbst Wochen später tausche ich mich bei jeder Gelegenheit mit Stefan Gawlick über das Erlebte aus …
Wie lautet noch mal die entscheidende Frage? – Die alles entscheidende, einzig richtige Antwort heißt jedenfalls: Musik!
PS: Im Büro gleich nebenan spielte übrigens eine Art Gegenentwurf zum Super-System: die kleinste AN-Kette (plus Ballempfänger von Rohde & Schwarz, siehe links). Wie es dort klang? Trotz spürbar kleinerer Dimensionierung sehr vertraut, musikalisch involvierend. Kurz: „Es“ tat gar nicht weh – und das will nach dem phänomenalen Erlebnis zuvor etwas heißen!

www.audionote.co.uk www.audio-note-vertrieb.de

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