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Takatsuki 274B

Takatsuki 274B

Takatsuki 274B – Ein neuer Star am Röhrenhimmel.

Lassen Sie die Finger von waghalsigen Tauschaktionen mit zweifelhaftem ‘Altglas’! Hier kommt eine weitere erstklassige Replik von Takatsuki‚ frisch aus Japan.

Takatsuki 274B

Die japanische Elektronikschmiede Takatsuki, normalerweise ein Groß­sortimenter in puncto moderner Elektronik, baut so ganz nebenbei auch Röhren – genauer gesagt, bis dato eine Röhre: eine extrem gute Replik der Western Electric 300B, die, gelinde ausgedrückt, den meisten chinesischen Röhrenex­perimenten deutlich überlegen ist, allerdings auch ihren Preis hat.

Dass man sich nun auch auf eine weitere WE-Rarität, den Vollweg-Gleichrichter 274B, stürzte, hat einen guten Grund. Die WE274 A/B (beide Varianten unterscheiden sich lediglich durch UX-Vierpol- oder Oktalsockel) ist als NOS-Exemplar nochmals deutlich rarer und teurer als die WE300B. Und, sonnenklar, wer einen entsprechenden SE-Amp besitzt, in dem schon eine 300B steckt, der möchte vielleicht auch eine 274 dazu haben, um dem Vorbild, dem 91er-(Kino-)Verstärker von Wes­tern Electric, zumindest ein Stückchen näher zu kommen. Nicht zu vergessen den riesigen klangli­chen Hype, der um den alten Gleichrichter veran­staltet wird …

Fraglos handelt es sich bei der originalen WE274 klanglich und technisch um eine extrem gute Dop­peldiode. Dennoch muss man aus pragmatischer Sicht hinzufügen, dass eine gehörige Portion der klanglichen Unterschiede, die Röhrengleichrichtern im Verlauf bisweilen schon manischer Umstöpsel- Aktionen angedichtet werden, von unterschiedli­chen Innenwiderständen herrühren. Was in der Folgewirkung die Anodenspannung und damit die Arbeitspunkte verschiebt. Kein Wunder, dass es dann auch anders klingt, wobei häufig ebenfalls nicht berücksichtigt wird, dass die ganze Riege der 5-Volt-Gleichrichter auch unterschiedlichen Heizstromverbrauch aufweist. Für die 274 gelten laut Datenbuch 1,9 Ampere; benötigt ein Ersatz­typ 2 Ampere, spielt das noch keine große Rolle. Kommt dann aber ein Gleichrichter mit 2,4 oder gar 3 Ampere zum Einsatz, kann ein knapp ausgelegter Netztrafo gefährlich ins Schwitzen kommen und/ oder die nominelle Heizspannung wird unterschrit­ten. Der umgekehrte Fall, also etwa der durchaus naheliegende Ersatz einer 5U4G durch eine 274B, sollte auch besser von einem Röhrenfachmann überprüft werden, weil der geringere Heizstromver­brauch zu überhöhter Heizspannung führen kann.
Ein weiterer Umstand, der beim Umgang mit Gleichrichterröhren zu beachten ist, betrifft die Art der Heizung: Es gibt direkt und indirekt geheizte Gleichrichter (die 274 gehört zu Ersteren), was sich auch in der Anheizzeit manifestiert. Ein direkt geheizter Typ läuft sehr schnell hoch und liefert nach wenigen Sekunden bereits Anodenspannung, ganz im Gegensatz zu den langsam hochfahrenden indirekt beheizten Gleichrichtern, die damit quasi
schon an sich eine röhrenschonende Softstart- Vorrichtung darstellen. Beide Spezies weisen natürlich unterschiedliche Pins und Pinbelegung auf, weshalb ein Tausch normalerweise unmöglich ist. Kreative Bastler sollten aber zumindest die Spezifikationen interpretieren können. Das Thema ist weniger simpel, als es aussieht, außerdem sicherheitsrelevant und bleibt deshalb besser Fachleuten vorbehalten.

Letztlich erzähle ich Ihnen das alles, um Laien von allzu waghalsigen Tauschaktionen abzubrin­gen, insbesondere wenn es um eine so teure, mei­nem Eindruck nach wirklich erstklassige Röhre wie die Takatsuki 274B geht. Wie schon erwähnt, ist eine 274B auch nicht ausnahmslos ein möglicher Ersatz etwa für eine 5U4 oder 5U4G (die deutlich mehr Heizstrom braucht). Mit anderen Worten: Wer einen vorhandenen Gleichrichter in einem Verstär­ker mit der neuen 274B ersetzen möchte, konsul­tiert vorher Hersteller oder Vertrieb und verlässt sich nicht auf die Angaben chinesischer Röhren­händler, deren Websites zahlreiche diffuse 274B-Re­pliken als frei interpretierten Rundumschlag-Ersatz für alle möglichen Gleichrichtertypen anbieten, was, milde ausgedrückt, wagemutig ist und Sie im schlimmsten Fall nicht nur die Röhre, sondern auch noch den Verstärker kostet. Das bezieht sich nicht nur auf die einfache Funktion, sondern auch auf den Verschleiß, weil ein überbeanspruchter Gleich­richter nach kurzer Zeit in den Röhrenhimmel entschwebt oder beim Einschalten das sogenannte „Spratzen“ zeigt, das nichts anderes bedeutet, als dass Teile der emittierenden Heizfaden-Beschich­tung abplatzen (üblicherweise entsteht dieser Effekt durch zu groß dimensionierte Ladekondensa­toren, ein Design-Fehler, den man sogar in „profes­sionellen“ Röhrenverstärkern häufig sieht).

Gemäß den Angaben von Takatsuki ist die neue 274B in Bezug auf ihre maximale Belastbarkeit (660 Volt und 225 mA) sogar ein vernünftiges Stück oberhalb der alten 274B angesiedelt, was die Sicherheitsspanne und damit die Lebensdauer er­höht. Prinzipiell ist diese 274 in SE-Verstärkern mit den üblichen Röhrencombos und Endröhren vom Typ 300B, 2A3, 45, VT52, 6B4G, AD1 etc. einsetz­bar, was die Fantasie der Selbstbauer auf Touren bringen könnte, die bitte beachten sollten, dass die 274 auf einen Ladekondensator von lediglich vier Mikrofarad ausgelegt wurde.

Von der Ausführung her macht die Takatsuki einen sehr, sehr guten Eindruck. Sie hält ihre Specs – den peniblen Japanern sei Dank – perfekt, weist enorm dickes Glas und solide Sockelung auf und besitzt im Vergleich zum Original eine zusätzliche abstützende Glimmerscheibe unter dem ansonsten optisch praktisch baugleichen System. In einem auf die 274 ausgelegten 300B-Amp machte sich die neue Röhre so hervorragend, dass es mir schwerfiel, sie zurückzugeben, weil sie dem (für diese Gelege­nheit ausgeliehenen) Vorbild durchaus ebenbürtig ist und das Abbrennen originaler WE274 wohl einen Luxus darstellt, den sich nicht jeder leisten kann und will. Übrigens wurde justament die uralte „Globe“-Version der 274 für 7500 Dollar das Paar angeboten! Hätte ich einen wirklich verwegenen Wunsch frei, so hieße die nächste Herausforderung für die Röhrenspezialisten bei Takatsuki wohl WE252A – falls Sie vom Stuhl fallen wollen, checken Sie mal den Preis dieser Schönheit ….

www.axiss-europe.de www.takatsuki-denki.co.jp

 

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