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bFly Audio

bFly Audio Musica Perla

Puristischer Luxus

Röhrenverstärker gelten oft als langweilige Schönklinger ohne rechten Biss. Der deutsche Hersteller bFly Audio beweist, dass sich Klangfarben, Räumlichkeit und Lebendigkeit nicht gegenseitig ausschließen.

bFly Audio

Wenn es um Phono-Vorverstärker geht und man einmal die derzeitigen Angebote vor dem geistigen Auge Revue passieren lässt, dann sind zwei gegensätzliche „Schulen“ auszumachen. Die „Anpasser“ lehren die Erkenntnis, dass nur ein präzise angepasstes Tonabnehmersystem seine optimale Leistung bringen kann. Auf der anderen Seite verdammen die „Puristen“ jeden zusätzlichen Schalter im Signalweg als potenziellen Klangkiller.
Nehmen wir als Beispiel für den „Angepassten“ den in FIDELITY 9/2012 vorgestellte Simaudio Moon 810LP. Der Moon ermöglicht sowohl Moving-Magnet(MM)- wie auch Moving-Coil(MC)-Abtastern eine fast unübersichtliche Zahl von Einstellungsmöglichkeiten. Beim besten Willen konnte ich keinen Nachteil hören, der auf die verwendeten Schalter zurückzuführen wäre. Im Gegenteil: Der kanadische Phono-Vorverstärker gehört zu den Allerbesten seiner Art.
Manchmal macht sich der „User“ einfach selbst das Leben schwer: Da nagt dann permanent die Frage im Unterbewusstsein, ob eine etwas höhere Eingangskapazität oder -impedanz nicht vielleicht doch ein Quäntchen mehr Musik aus den Rillen kratzen könnte. Und diese latente Ungewissheit sorgt schnell dafür, dass Musikgenuss in Musikverdruss umschlägt.

Universell

Vor solchem Ungemach ist man bei der bFly Musica Perla SE gefeit. Reinhold Schäffer aus Augsburg hat sich zusammen mit seinem Entwickler Anton Fendt bei der Gestaltung seines Phono-Vorverstärkers auf die puristische Sichtweise festgelegt. Und folglich gibt es an der Musica Perla schlichtweg nichts zu schalten. Auf der Rückseite des sich leicht nach oben hin verjüngenden, mattschwarzen und bemerkenswert schönen Gehäuses findet man außer Netzbuchse und Schalter nur je ein Paar vergoldete Cinch-Eingangs und Ausgangsbuchsen sowie den unvermeidlichen Masseanschluss. Das war’s auch schon. Aber es kommt noch „schlimmer“! Hinter den Eingangsbuchsen „lauert“ ein Universalübertrager, der mit (nahezu) allen MC-Systemen harmonieren soll. Glaubt man engagierten Selbstbauern, ist das gar nicht möglich – die Anpassung des Übertragers an das verwendete Tonabnehmersystem sei viel zu klangentscheidend, als dass eine „Allzweckwaffe“ uneingeschränkt funktionieren könne. Sie sind deshalb auch bereit, mitunter horrende Summen für „legendäre“ Bauteile zu bezahlen.
Interessanterweise beurteilen aber Hersteller wie Bryston und Nagra, die auch in der Studioszene einen guten Ruf genießen, den Sachverhalt etwas anders und verwenden in ihren Phonovorstärkern ungeniert ebenfalls nicht anpassbare Universal-Übertragerkapseln. Und was für Nagra richtig ist, kann auch bei bFly nicht grundsätzlich verkehrt sein. Das Geheimnis liegt laut Anton Fendt in der richtigen Dimensionierung des Übertragers, der übrigens von Silvercore beigesteuert wird. Vereinfacht ausgedrückt: Auf der Primärseite bietet er eine genügend hohe Eingangsimpedanz auch für vergleichsweise hochohmige MCs, während die Impedanz der Sekundärseite an die nachfolgende, aktive Verstärkerstufe perfekt angepasst ist.
Etwas heikler verhält es sich allerdings mit dem Verstärkungsfaktor: Da MC-Systeme unterschiedlicher Hersteller eine sehr große Bandbreite bezüglich der Ausgangsspannung aufweisen, muss man die Phonostufe übersteuerungsfest auslegen und vor allem auch sehr rauscharm konstruieren. Im erstgenannten Fall könnten Verzerrungen und im zweiten Fall Rauschen den Klangeindruck trüben. In der Musica Perla wird das Signal mit insgesamt 66 Dezibel schon ziemlich hoch verstärkt und es verwundert daher auch nicht, dass die Normalversion „nur“ bis zu einer Ausgangsspannung des Tonabnehmers von 0,7 Millivolt spezifiziert ist. Das ist aber für den Betrieb der Mehrzahl aller MCs hinreichend. Dennoch bietet bFly an, die Schaltung gegebenenfalls Kundenwünschen anzupassen.

Pragmatisch

Die Verstärkungsarbeit übernehmen insgesamt drei Doppeltrioden vom Typ ECC83 (identisch mit 12AX7) von Electro Harmonix, von denen zwei jeweils kanalgetrennt die Vor- und Hauptverstärkung übernehmen. Zwischen diesen beiden Verstärkerstufen wird die passive RIAA-Entzerrung vorgenommen, die somit nicht im Gegenkopplungszweig angesiedelt ist. Die Gegenkopplung selbst ist zugunsten des Klangs und zu Lasten besserer Messwerte auf ein unvermeidliches Minimum reduziert. Den Verstärkerstufen folgt noch eine weitere ECC83, die hier für beide Kanäle die Funktion eines Kathodenfolgers übernimmt und hauptsächlich dafür verantwortlich ist, dass die Ausgangsimpedanz mit 600 Ohm erfreulich niedrig ausfällt. So können auch längere Kabelstrecken verlustfrei betrieben werden. Dies ist insofern relevant, als viele Hörer den Phonoverstärker gerne in der Nähe des Plattenspielers aufstellen und deshalb längere Kabelwege zum Vor- oder Vollverstärker oft unvermeidlich sind.
Die Stromversorgung erfolgt über zwei getrennte Netzteile, die auf einen gemeinsamen Ringkerntrafo zurückgreifen. Während die eigentliche Verstärkerschaltung ganz klassisch über eine Gleichrichterröhre vom Typ EZ90 plus Drosselspule und ausreichend Siebkapazität versorgt wird, beziehen die Heizdrähte in den Röhren ihren Strom aus einer Schaltung mit Halbleiterbauteilen. Nicht nur diese äußerst sinnvolle Zweiteilung vermittelt den Eindruck, dass in der Musica Perla ein sehr durchdachter und liebevoll gefertigter Aufbau verwirklicht ist, dem jede Übertreibung fremd ist. Auch die verwendeten Sorbothan-Dämpfer (unter dem Gehäuse und der Platine im Inneren) zeigen die Liebe zum Detail.

Generalistisch

Vier unterschiedliche MCs standen mir während der Zeit mit der bFly Musica Perla zur Verfügung: Denon DL-103, Dynavector DV-20X2-L, EMT JSD-6G und Ortofon MC 30 Super II. Die Bandbreite reicht also von niederohmig (5 Ohm, 20X2) bis hochohmig (40 Ohm, DL-103) und von leise (0,2 mV, MC30) bis zu sehr laut (1,0 mV, JSD-6G). Grundsätzlich gab es mit keinem der genannten Tonabnehmer einen klanglichen Totalausfall zu verzeichnen, der eindeutig auf eine mangelnde Anpassungsfähigkeit der Musica Perla zurückzuführen wäre.
Allerdings würde ich im Zusammenspiel mit dem EMT das Angebot der Entwickler in Anspruch nehmen und gerade für dieses ungewöhnlich „laute“ System eine individuelle Übertragerlösung mit einem kleineren Übersetzungsverhältnis (als 1:10) finden. Das Denon DL-103 (montiert im VPI Traveler) hinterließ im Bass einen etwas schwammigen Eindruck. Dies war aber nur im Vergleich mit den anderen, jeweils auf dem TW-Acustic Raven AC installierten Kombinationen zu hören und ist wiederum nicht der Musica Perla anzukreiden – hier setzt sich schlichtweg die klangliche Überlegenheit der besseren (und deutlich teureren!) Laufwerk- Tonarm-System-Kombinationen durch. Im Gegenteil: Es spricht eher für die Musica Perla, dass sie diese Unterschiede sauber darstellen kann.
Das gelingt selbstverständlich auch, wenn man das im Linn Ittok LV II montierte Dynavector mit dem im SME Series IV befindlichen Ortofon vergleicht. Ohne den bereits für eine der nächsten Ausgaben fest eingeplanten Bericht über das MC 30 Super II vorwegnehmen zu wollen, kann ich doch jetzt schon konstatieren, dass SME und Ortofon sehr neutral und genau zu Werke gehen, während sich Linn und Dynavector ausgesprochen zupackend, lebendig und einem Hauch von Übertreibung im Bassbereich in Szene setzt. Diese Beobachtungen sind vielleicht nicht der Wahrheit letzter Schluss, machen aber einfach Spaß.

Plastisch und lebendig

Und genau den transportiert die bFly Musica Perla SE. Sie zeigt nicht nur differenziert die Vor- und Nachteile verschiedener Plattenspieler auf, sie tut das mit einer Spielfreude, die in diesem Ausmaß keineswegs selbstverständlich ist. Etwa wenn ich die zweite Seite der zweiten Platte von Mike Oldfields Doppelalbum Exposed anspiele, auf der die letzte Hälfte von „Tubular Bells“ und das wenig bekannte „Guilty“ enthalten sind. Dank der lebendigen Spielweise der Musica Perla SE wird die Live- Atmosphäre der Aufnahme mühelos in meinen Hörraum transportiert. Die zum Einsatz kommenden Kesselpauken haben Kontur und den nötigen Druck, um ihre Wiedergabe glaubhaft erscheinen zu lassen. Das Gleiche gilt für die etwas scharf aufgenommenen Trompeten, die aber genau wegen dieser Schärfe bemerkenswert echt wirken. Den gelegentlich geäußerten Verdacht, dass Röhrengeräte gerade im Hochtonbereich etwas zum Beschönigen neigen, muss sich die Musica Perla also nicht gefallen lassen. Hinzu kommt, dass sie eine Plastizität in der Klangabbildung erreicht, wie ich sie in diesem Ausmaß bisher nur von sehr, sehr wenigen – und zumeist sehr kostspieligen – Phono-Vorverstärkern zu hören bekommen habe. Es sind vor allem diese beiden Eigenschaften, die mich annehmen lassen, dass die bFly Musica Perla SE selbst für extrem verwöhnte Analogfans eine sehr interessante Alternative sein könnte. Und es macht diese elegante, bestens verarbeitete Röhre gleich noch ein bisschen empfehlenswerter, dass man sich mit der Musica Perla den Musikgenuss nicht durch ständiges Grübeln über zahllose Einstellungsmöglichkeiten versauern kann. Denn die Musica Perla bietet jede Menge Klangfarben, Räumlichkeit und Lebendigkeit auch ohne Schaltervielfalt. Das erfreut nicht nur die „Puristen“, sondern führt jeden „User“ direkt zur Musik!

www.bfly-audio.de

Die angezeigten Preise sind gültig zum Zeitpunkt der Evaluierung. Abweichungen hierzu sind möglich.